Be­schluss vom 07.04.2025 -
BVer­wG 1 WB 1.24ECLI:DE:BVer­wG:2025:070425B1W­B1.24.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Be­schluss

BVer­wG 1 WB 1.24

In dem Wehr­be­schwer­de­ver­fah­ren hat der 1. Wehr­dienst­se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Häu­ß­ler, die Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Ep­pelt und den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Scheff­c­zyk am 7. April 2025 be­schlos­sen:

  1. Das Ver­fah­ren wird ein­ge­stellt.
  2. Der An­trag, die Kos­ten dem Bund auf­zu­er­le­gen, wird ab­ge­lehnt.

Grün­de

I

1 Der An­trag­stel­ler be­gehr­te die Zu­las­sung zur Lauf­bahn der Of­fi­zie­rin­nen und Of­fi­zie­re des mi­li­tär­fach­li­chen Diens­tes.

2 Der An­trag­stel­ler leis­te­te von ... bis ... frei­wil­li­gen Wehr­dienst und war von ... bis ... Sol­dat auf Zeit. Von Ja­nu­ar bis No­vem­ber 2017 dien­te er als Re­ser­vist. Am 1. Ok­to­ber ... wur­de er mit dem Dienst­grad Haupt­feld­we­bel als Sei­ten­ein­stei­ger er­neut in das Dienst­ver­hält­nis ei­nes Sol­da­ten auf Zeit be­ru­fen.

3 Im Mai 2020 er­hielt er ei­ne an­lass­be­zo­ge­ne plan­mä­ßi­ge Be­ur­tei­lung nach Nr. 204 Buchst. a ZDv A-1340/50. Im Sep­tem­ber 2020 schlug der be­ur­tei­len­de Vor­ge­setz­te ihn zur Zu­las­sung zur Lauf­bahn der Of­fi­zie­re des mi­li­tär­fach­li­chen Diens­tes vor.

4 Mit Be­scheid vom 17. Mai 2021 teil­te das Bun­des­amt ihm mit, dass dem Vor­schlag sei­nes Vor­ge­setz­ten auf Zu­las­sung zur Lauf­bahn der Of­fi­zie­re des mi­li­tär­fach­li­chen Diens­tes nicht ha­be ent­spro­chen wer­den kön­nen. Mit der ZDv A-1340/75 ("Zu­las­sung zur Lauf­bahn der Of­fi­zie­re des mi­li­tär­fach­li­chen Diens­tes") vom 1. Fe­bru­ar 2015 sei fest­ge­legt wor­den, dass Feld­we­bel nach Vor­lie­gen von zwei plan­mä­ßi­gen Be­ur­tei­lun­gen als Por­te­pee­unter­of­fi­zier be­rech­tigt sei­en am Aus­wahl­ver­fah­ren teil­zu­neh­men. Kon­kre­ti­sie­rend sei durch das Bun­des­ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um fest­ge­legt wor­den, dass bei wie­der­ein­ge­stell­ten Sol­da­tin­nen und Sol­da­ten da­bei nur plan­mä­ßi­ge Be­ur­tei­lun­gen be­rück­sich­tigt wer­den dürf­ten, wenn sie in der glei­chen Lauf­bahn er­stellt wor­den sei­en und nicht äl­ter als fünf Jah­re sei­en. So­mit er­fül­le er nicht die Teil­nah­me­vor­aus­set­zun­gen und sein An­trag sei ab­zu­leh­nen.

5 Hier­ge­gen leg­te er mit Schrei­ben vom 12. Ju­li 2021 Be­schwer­de ein. Mit Be­schwer­de­be­scheid vom 27. Ok­to­ber 2022 wies das Bun­des­mi­nis­te­ri­um der Ver­tei­di­gung die Be­schwer­de zu­rück. Ei­ner nor­ma­ti­ven Re­ge­lung im Sol­da­ten­ge­setz oder der Sol­da­ten­lauf­bahn­ver­ord­nung ha­be es nicht be­durft. Das er­ge­be sich aus dem Be­schluss des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts vom 23. Fe­bru­ar 2017 ‌- 1 WB 2.16 -. Die Be­ur­tei­lung des An­trag­stel­lers als Re­ser­vis­ten­dienst­leis­ten­der ha­be nicht her­an­ge­zo­gen wer­den kön­nen, weil ei­ne Ver­gleich­bar­keit mit den Be­ur­tei­lun­gen ak­ti­ver Sol­da­tin­nen und Sol­da­ten nicht ge­ge­ben sei.

6 Am 11. No­vem­ber 2022 stell­te der An­trag­stel­ler ei­nen An­trag auf ge­richt­li­che Ent­schei­dung. Das Mi­nis­te­ri­um ver­su­che ei­ne Min­dest­stand­zeit im ak­ti­ven Dienst durch­zu­set­zen, für die es we­der im Sol­da­ten­ge­setz noch in der Sol­da­ten­lauf­bahn­ver­ord­nung ei­ne hin­rei­chen­de par­la­ments­ge­setz­li­che Grund­la­ge ge­be. Die For­de­rung nach ei­ner his­to­ri­schen Be­ur­tei­lung, die aber jün­ger als fünf Jah­re sein müs­se, ver­hän­ge fak­tisch ei­ne Be­wer­bungs­sper­re für Wie­der­ein­stel­ler, in­dem ih­nen die Be­rück­sich­ti­gung ih­rer vor­han­de­nen his­to­ri­schen Be­ur­tei­lun­gen ab­ge­schnit­ten wer­de.

7 Am 25. Fe­bru­ar 2025 er­klär­te der An­trag­stel­ler das Ver­fah­ren für er­le­digt, weil er mitt­ler­wei­le zur Lauf­bahn der Of­fi­zie­re des mi­li­tär­fach­li­chen Diens­tes zu­ge­las­sen und mit Wir­kung zum 1. Ok­to­ber 2024 zum Ober­f­ähn­rich er­nannt wor­den sei. Er be­an­trag­te, die Kos­ten dem Bund auf­zu­er­le­gen. Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um der Ver­tei­di­gung schloss sich der Er­le­di­gungs­er­klä­rung un­ter Ver­wah­rung ge­gen die Kos­ten an.

II

8 1. Nach­dem die Be­tei­lig­ten den Rechts­streit in der Haupt­sa­che über­ein­stim­mend für er­le­digt er­klärt ha­ben, ist das Ver­fah­ren in ent­spre­chen­der An­wen­dung von § 92 Abs. 3 Satz 1 Vw­GO ein­zu­stel­len und ge­mäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 20 Abs. 3 WBO nur noch über die Kos­ten des Ver­fah­rens zu ent­schei­den. Für die Kos­ten­ent­schei­dung sind die im Pro­zess­recht all­ge­mein gel­ten­den Grund­sät­ze ma­ß­ge­bend. Da­nach ist bei über­ein­stim­men­der Er­le­di­gungs­er­klä­rung über die Kos­ten nach bil­li­gem Er­mes­sen un­ter Be­rück­sich­ti­gung des bis­he­ri­gen Sach- und Streit­stan­des zu ent­schei­den (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 20 Abs. 3 WBO, § 161 Abs. 2 Satz 1 Vw­GO; stRspr, vgl. et­wa BVer­wG, Be­schluss vom 22. April 2008 - 1 WB 4.08 - BeckRS 2015, 54390 Rn. 8 m. w. N.).

9 2. Vor­lie­gend ent­spricht es bil­li­gem Er­mes­sen, von ei­ner Kos­ten­be­las­tung des Bun­des ab­zu­se­hen. Der An­trag auf ge­richt­li­che Ent­schei­dung hät­te nach Ak­ten­la­ge vor­aus­sicht­lich kei­nen Er­folg ge­habt.

10 a) Ins­be­son­de­re wä­re der An­trag­stel­ler vor­aus­sicht­lich nicht mit sei­nem zen­tra­len Ar­gu­ment durch­ge­drun­gen, dass es ei­ner ge­setz­li­chen Grund­la­ge be­durft ha­be für das Er­for­der­nis des Vor­lie­gens zwei­er Re­gel­be­ur­tei­lun­gen, die bei Wie­der­ein­stel­le­rin­nen bzw. Wie­der­ein­stel­lern nicht äl­ter als fünf Jah­re sein durf­ten. Der Se­nat hat be­reits ent­schie­den, dass für das Zu­las­sungs­kri­te­ri­um zwei­er Re­gel­be­ur­tei­lun­gen kei­ne ge­setz­li­che Re­ge­lung er­for­der­lich ist (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 23. Fe­bru­ar 2017 - 1 WB 2.16 - ju­ris Rn. 30 ff.). Dies be­ruht auf der Er­wä­gung, dass die per­sön­li­chen An­for­de­run­gen des Dienst­herrn für den Lauf­bahn­auf­stieg in ei­ne be­son­de­re fach­li­che Ver­wen­dung als Of­fi­zier des mi­li­tär­fach­li­chen Diens­tes in et­wa die glei­che Funk­ti­on ha­ben wie ein An­for­de­rungs­pro­fil für ei­nen be­son­de­ren Dienst­pos­ten, für den eben­falls kei­ne spe­zi­fi­sche Nor­mie­rung ge­for­dert wer­den kann. Aus dem Vor­trag des An­trag­stel­lers dürf­ten sich kei­ne Grün­de er­ge­ben ha­ben, da­von ab­zu­wei­chen. Es wi­der­spricht nicht dem Grund­satz der Bes­ten­aus­le­se, für die Lauf­bahn­aus­bil­dung und den ‌-auf­stieg nur ge­eig­ne­te Be­wer­ber in den Leis­tungs­ver­gleich ein­zu­be­zie­hen. Die Ein­schät­zung, dass in Be­ur­tei­lun­gen do­ku­men­tier­te Leis­tun­gen die Pro­gno­se ei­ner ent­spre­chen­den Eig­nung recht­fer­ti­gen, ist um­so trag­fä­hi­ger be­grün­det, je län­ger ent­spre­chen­de Leis­tun­gen er­bracht wer­den und je län­ger in der Feld­we­bel­lauf­bahn Er­fah­run­gen ge­sam­melt wur­den. Leis­tun­gen über zwei Be­ur­tei­lungs­zeit­räu­me sind da­nach ei­ne brei­te­re Grund­la­ge für die Ent­schei­dung über den Zu­gang zur Auf­stiegs­aus­bil­dung als Leis­tun­gen in nur ei­nem Be­ur­tei­lungs­zeit­raum.

11 Auch für die Be­schrän­kung auf Re­gel­be­ur­tei­lun­gen, die nicht äl­ter als fünf Jah­re sind, dürf­te kei­ne ge­setz­li­che Re­ge­lung er­for­der­lich sein. Der Dienst­herr ist be­rech­tigt, im Ein­zel­nen die Kri­te­ri­en der Eig­nung, Be­fä­hi­gung und fach­li­chen Leis­tung in Be­zug auf den Auf­ga­ben­be­reich des Dienst­pos­tens im Vor­feld ei­ner Aus­wahl­ent­schei­dung zu kon­kre­ti­sie­ren (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 25. Mai 2023 - 1 WB 25.22 - BVer­w­GE 179, 57 Rn. 35 m. w. N. <zu An­for­de­rungs­pro­fi­len>). Es gibt kei­nen An­halts­punkt da­für, dass der Dienst­herr sei­nen Ein­schät­zungs­spiel­raum hier über­schrit­ten hät­te.

12 Die Be­gren­zung auf den Fünf­jah­res­zeit­raum dürf­te zu­dem sach­ge­recht sein. Da­durch wird si­cher­ge­stellt, dass für die Ent­schei­dung über die Zu­las­sung zum Auf­stiegs­ver­fah­ren zu den her­aus­ge­ho­be­nen Dienst­stel­lun­gen der Of­fi­zie­re des mi­li­tär­fach­li­chen Diens­tes auch bei Wie­der­ein­stel­le­rin­nen und Wie­der­ein­stel­lern ein den an­de­ren Sol­da­tin­nen und Sol­da­ten ver­gleich­ba­res, glei­cher­ma­ßen ak­tu­el­les wie län­ger­fris­ti­ges Leis­tungs­bild zu­grun­de ge­legt wer­den kann.

13 b) Auch mit sei­nen üb­ri­gen Ein­wen­dun­gen ge­gen die Recht­mä­ßig­keit des Be­scheids des Bun­des­amts wä­re der An­trag­stel­ler vor­aus­sicht­lich nicht durch­ge­drun­gen. In­so­weit wird auf die Aus­füh­run­gen des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums der Ver­tei­di­gung Be­zug ge­nom­men.